190. Wen ruft der Christ im Gebet an?

«Unser Vater, der du bist in den Himmeln.»

  1. Im Vaternamen liegt ein Zweifaches: Wir werden aufgefordert zur größten Ehrfurcht und zum stärksten Vertrauen.

    Es soll uns beim Beten stets als unsagbar großes Wunder vor Augen stehen, dass wir Unheilige und Elende vor ihn, den Heiligen und Allmächtigen, treten dürfen. Wer «Vater!» sagt, anerkennt den unmessbaren Abstand zwischen sich und Gott. Wer diese Ehrfurcht verleugnet, dessen Beten ist nichts anderes als freche Zudringlichkeit.

    Wiederum weckt der Vatername das stärkste Vertrauen im Beter. Darum dürfen wir seiner Fürsorge und seinem Schutz Leib und Seele in der Gewissheit anbefehlen, dass uns kein Gutes jemals mangeln wird.

    • Ach siehe, ich habe mich unterwunden, zu reden mit dem Herrn, wiewohl ich Erde und Asche bin. (1. Mose 18,27)
    • Sei nicht schnell mit deinem Munde und lass dein Herz nicht eilen, etwas zu reden vor Gott; denn Gott ist im Himmel und du auf Erden; darum lass deiner Worte wenig sein. (Pred. 5,1)
    • Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. (Mt. 6,7)
    • Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten. (Ps. 103,13)
    • Du, Herr, bist unser Vater; »Unser Erlöser«, das ist von alters her dein Name. (Jes. 63,16)

  2. Dass wir Gott als unseren Vater anrufen dürfen, ist nicht ein selbstverständliches Anrecht, sondern ein großes Wunder seiner Barmherzigkeit.
    • Er hat uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens. (Eph. 1,5)

  3. Christus lehrt uns nicht beten: «Mein Vater!», sondern «Unser Vater!» Wir stehen nicht allein vor Gott, sondern teilen unser Kindesrecht mit allen, die der gleichen Gnade in Jesus Christus teilhaftig sind.
    • Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, von dem jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden seinen Namen hat. (Eph. 3,14‑15)